Gott kann man nicht erkennen durch die nach außen gerichteten Sinne, den Intellekt oder die Lebensströme, auch Pranas genannt. Nur die Seele kann Ihn erkennen - nur Gleiches kann Gleiches erkennen.

Sant Kirpal Singh

Nächstenliebe

Aus dem Buch "Morgengespräche" von Sant Kirpal Singh
Dehli, Sawan Ashram, 16. Oktober 1967


Wenn reich zu sein etwas Gutes ist, sollten wir auch andere reich machen. Und das können wir nur, wenn wir etwas von unserem Anteil abgeben. Unser Meister Baba Sawan Singh gab anfangs ein Zehntel, aber nach einiger Zeit schickte Er Seinem Meister, Baba Jaimal Singh, alles. Baba Jaimal Singh sandte dann für den Lebensunterhalt von Baba Sawan Singh und seiner Familie etwas zurück. Baba Sawan Singh legte einfach alles Seinem Meister zu Füßen und der Meister schickte etwas für ihren Lebensunterhalt zurück.

So sagte unser Meister immer, dass ihr ein Zehntel geben solltet, und wenn ihr am Ende des Jahres abrechnet, werdet ihr feststellen, dass ihr an anderer Stelle weniger Ausgaben hattet, z. B. für Krankheiten und andere Dinge. Wenn ihr nachrechnet, werdet ihr sehen, dass es so ist. Durch Geben werdet ihr also nichts verlieren. Je mehr ihr geben könnt, desto mehr werdet ihr beschenkt. Wenn die Meister kommen, geben sie alles ihrem Meister hin. Was sagte Christus? "Wenn ihr in das Reich Gottes eingehen wollt, dann verkauft alles, was ihr habt." Das ist die höchste Form, alles dem Meister zu überlassen.

Jeder sollte also zuerst lernen, seinen Lebensunterhalt auf ehrliche Weise zu verdienen, und dann  mit anderen teilen.

Man sollte nicht horten. Wenn ihr das tut, erstarrt ihr innerlich. Wenn ihr Gold oder Silber in euren Händen reibt, werden sie davon schwarz. Und denkt ihr, ein Herz sei rein, das von diesen Dingen vereinnahmt ist?  Wenn ihr euch spirituell einen Dienst erweisen wollt, ist also der erste Schritt, euren Lebensunterhalt auf ehrliche Weise zu verdienen und mit anderen zu teilen. Fangt mit einem Minimum an, dann gebt immer mehr, bis ihr schließlich alles Gott übergebt. Das ist ein uralter Brauch, seit Abrahams Zeiten gab jeder ein Zehntel seines Einkommens.

Selbstloser Dienst kann auf zwei Arten getan werden: Die erste Art ist physischer Dienst. Wenn jemand krank ist, geht hin und dient ihm. Soll ich zusehen, wenn jemand in Not ist, hungrig, ohne Kleider – ein armer Mensch? Die Meister waren immer für die Armen da, um sie zu trösten und ihnen ein normales Leben zu ermöglichen. Würden wir so handeln, würde jeder mit anderen teilen, gäbe es keine Armut in der Welt. Warum gibt es Bedürftige und Hungrige? Weil wir nicht teilen.

Wenn wir also mit anderen teilen, dehnt sich unser Selbst aus. Wenn ihr gebt, freut ihr euch in dem Moment selbst ein wenig. Das ist der Ausgleich dafür, den ihr direkt erhaltet. Hofft, wenn ihr gebt, nie auf eine Gegenleistung. Gebt, um mit anderen zu teilen. Manchmal geben wir wegen der Belohnung, die uns dafür im Himmel erwartet. Das ist nicht richtig, man sollte selbstlos geben. Das ist eine der Voraussetzungen für denjenigen, der auf dem spirituellen Pfad fortschreiten möchte. Der ist wirklich ein Mensch, der für andere lebt, der mit anderen teilt, mit den Bedürftigen, den Hungrigen, mit denen, die in sehr armen Verhältnissen leben und nicht weiter kommen können. Aber was machen wir? Wir geben unseren eigenen Kinder reichlich zu essen, während die Kinder unseres Nachbarn vor Hunger sterben. Das ist nicht richtig.

Eine muslimische Heilige bereitete sich einmal auf eine Pilgerreise nach Mekka vor. Mekka ist ein Pilgerort für Muslime und liegt in Arabien. Sie hatte etwas Geld für die Reise bei sich, und als sie gerade aufbrechen wollte, fiel ihr ein armer, hungernder Mann in ihrer Nachbarschaft auf. Sie gab ihm alles, was sie hatte und war deshalb nicht mehr in der Lage, ihre Pilgerreise anzutreten. Was passierte? Ein Engel erschien ihr und sagte, dass ihre Pilgerreise angenommen sei.

Versteht ihr, was ich damit sagen möchte? Nur wer von seinem eigenen Einkommen lebt, das er auf ehrliche Weise, im Schweiße seines Angesichts, verdient hat und wer mit anderen teilt, kann auf dem spirituellen Pfad fortschreiten. Gebt nicht, um einen Ausgleich oder eine Gegenleistung dafür zu erhalten. Gebt, um mit anderen zu teilen. Das ist eure Pflicht gegenüber euren Brüdern und Schwestern.

Einmal saß Christus in einer Versammlung, als seine Mutter kam und sich hinten dazu setzte. Jemand sagte Ihm, dass Seine Mutter gekommen sei und er antwortete: "Dies hier sind alle meine Brüder und Schwestern und sie sind auch meine Mütter." Alle Meister verhalten sich so.

Wenn mein Meister in seinen Heimatort kam, kamen die Armen zu Ihm und Er half ihnen, wo er nur konnte. Anderen zu dienen, für andere zu leben, daran erkennt man einen wahren Menschen. Wir sind alle Tiere in Menschengestalt.

Das heutige Thema lautet also: "Verdient euren Lebensunterhalt auf ehrliche Weise." Das ist das Erste; das Nächste, "Teilt mit anderen, so gut ihr könnt." Beginnt mit einem Mindestbetrag, vielleicht mit einem Zehntel oder einemVierzigstel, aber etwas müsst ihr geben.

Wir haben hier eine Buchhaltung, die alle Ein- und Auszahlungen einträgt und überprüft wird. Ein vereidigter Buchprüfer kontrolliert regelmäßig alle Eintragungen. Aber damit habe ich nichts zu tun. Ich habe mein eigenes Einkommen, meine Pension. Einmal, als die Zahlungen gerade überprüft wurden, kam eine sehr arme Frau mit einem Cent. Der Buchhalter sagte: "Nun, manche geben hundert Rupien, andere geben 50 Rupien, aber diese Spende ist die wertvollste von allen. Ein Cent ist wertvoller, wenn er von einem Armen gespendet wird, der sein ehrlich verdientes Geld, auch wenn es nur sehr wenig ist, mit andern teilt. Wenn er selbst von seinem mageren Einkommen einen einzigen Cent gibt, ist das wertvoller, als wenn ein Wohlhabender hundert oder tausend Rupien spendet.

Hier habe ich eine Regel aufgestellt, dass diejenigen, die mehr als dreißig oder vierzig Rupien spenden, zu mir kommen sollen. Ich muss sehen, ob sie wirklich in der Lage sind zu geben oder nicht. Manchmal möchten wir aus Hingabe alles hergeben, auch wenn es auf Kosten unserer Kinder geht. Auch diejenigen, die wenig geben, sind sehr willkommen. Ihre Spenden werden mit großer Achtung entgegengenommen. Sie werden nicht zurückgewiesen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass gerade diejenigen, die es sich nicht leisten können zu geben, Geld schicken, ohne dabei ihren Namen zu nennen. Einmal hatte ich hier einen solchen Fall. Manchmal lehne ich das Geld ab und manchmal gebe ich es zurück. Manchmal nehme ich nur die Hälfte, um sicher zu sein, dass niemand aus Ergebenheit seine Familie vernachlässigt. Das ist mein Anliegen. Es ist mir auch wichtig, eure Interessen zu wahren. In dem Fall, den ich vorhin erwähnte, ging es um einen Mann, der 150 Rupien monatlich gab. Sein monatliches Einkommen betrug aber nur 200 Rupien. Wie konnte er es sich leisten, von 200 Rupien 150 zu spenden? Ich kümmerte mich also um die Angelegenheit und fand heraus, dass er seinen Namen nicht angegeben hatte. Ich bat den Mann im Satsang, zu mir zu kommen, denn ich hatte das Geld aufbewahrt und nichts davon genommen.

Es ist die Art des Schülers, alles zu geben und die des Meisters, nichts für sich selbst zu nehmen. Der Schüler mag etwas zur Unterstützung der Sache des Meisters spenden, aber gleichzeitig sollte er sich darüber im Klaren sein, wie viel er wirklich geben kann. Wenn er sich nicht um das Wohl seiner eigenen Kinder kümmert, ist das auch nicht angemessen. Deshalb haben wir hier eine Regel aufgestellt: Diejenigen, die mehr als einen bestimmten Betrag geben, sollen zu mir kommen. Das ist eine sehr strikte Anweisung an Dalip Singh, den Buchhalter. Er kann zehn, zwanzig oder dreißig Rupien annehmen, aber diejenigen, die mehr geben wollen, sollen zu mir kommen. Manchmal nehme ich das Geld an, manchmal nicht. Manchmal gebe ich alles zurück, manchmal die Hälfte. Man sollte also mit anderen teilen, schrittweise. Man mag mit einem Mindestbetrag beginnen, einem Vierzigstel oder einem Zwanzigstel. Ein Zehntel war immer das Übliche. Diejenigen, die es sich nicht leisten können, ein Zehntel zu geben, sollen ein Zwanzigstel oder ein Vierzigstel geben oder nur einen einzigen Cent mit anderen teilen. Wer also auf dem spirituellen Pfad fortschreiten will, sollte zuerst seinen Lebensunterhalt auf ehrliche Weise verdienen und dann mit anderen teilen.

Wisst ihr, warum ich von denen, die nicht initiiert sind, kein Geld annehme? Wer weiß, auf welche Weise sie das Geld verdient haben! Wenn jemand initiiert ist,  kümmert sich der Meister um seine Angelegenheiten. Um das Geld derjenigen, die nicht initiiert sind, kümmert sich keiner. Was sie auch geben, es muss zurückgezahlt werden. Ihr müsst Mitleid haben; ihr müsst mit anderen teilen. Gebt nicht in der Hoffnung auf eine Gegenleistung, auf etwas, das euch im Jenseits dafür erwartet. Das ist nicht die richtige Art. Gebt ein für alle Mal, teilt mit anderen. Sie sind eure Brüder und Schwestern in Gott. Versteht ihr jetzt, was mit Nächstenliebe gemeint ist? Diese Dinge sind in Büchern nicht erläutert. Nehmt nichts für euch persönlich an. Die Hauptregel lautet also: Verdient zuerst euren Lebensunterhalt auf ehrliche Weise und teilt dann mit anderen, selbst wenn es nur ein minimaler Betrag ist. Je mehr ihr geben könnt – mit Rücksicht auf die Bedürfnisse eurer Familie – desto besser. Dann werdet ihr letztendlich Gott zuliebe alles geben. Wir sollten geben, ohne auch nur im Geringsten eine Gegenleistung zu erwarten – als selbstlosen Dienst. Wir sind alle Brüder und Schwestern in Gott.

Es gab einen Heiligen namens Baba Kahan, dem Baba Sawan Singh  jedes Mal, wenn Er ihn in Peshawar traf, 10 Rupien gab. Einmal arbeitete Baba Sawan Singh im Außendienst und verdiente dadurch ziemlich viel, ein- oder zweitausend Rupien. Zu dieser Zeit traf Er Baba Kahan wieder. Auch ich traf ihn, weil ich damals ebenfalls in Peshawar war. Baba Kahan sagte zu Baba Sawan Singh: "Nun, sieh her, dieses Mal möchte ich 20 Rupien." Der Meister sagte zu ihm: "Du wirst doch nicht etwa habgierig werden?" "Überhaupt nicht," erwiderte Baba Kahan, "Ich möchte den Extrabetrag von dir, um das Gift aus dem ganzen Geld, das du verdient hast, herauszuziehen. Vorher hast du weniger verdient, und ich nahm 10 Rupien und verteilte sie an die Armen. Jetzt möchte ich nur deshalb 20 Rupien, weil du mehr Geld bekommen hast. Lass es uns mit anderen teilen." Er nahm überhaupt nichts für sich selbst. Das versteht man unter Geben.

Wenn wir geben und dafür eine Gegenleistung wollen, so ist das kein selbstloser Dienst. In eurem Tagebuch ist dafür eine Spalte vorgesehen. Sie hat ihre Bedeutung, sie ist zu eurem Nutzen da. Könnt ihr den Sinn der Nächstenliebe jetzt verstehen? Wenn ihr eine Gegenleistung wollt, entsteht Ursache und Wirkung. Dagegen wird sich eine Mutter, deren Kinder hungrig sind, jeden Bissen vom Munde absparen, um ihn den Kindern zu geben. Helft also anderen mit diesem Blickwinkel, mit dieser Einstellung.

Manchmal geben wir, um andere zu beeindrucken, für Name und Ruhm. Solche Nächstenliebe ist keine Nächstenliebe. Christus sagte: "Wenn du aber Almosen gibst, laß deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut." Wenn die eine Hand etwas gibt, lass deine andere Hand nichts davon wissen. Das versteht man also unter Nächstenliebe.

 

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